Donnerstag, Februar 25, 2010

Mundart und Ausgehtips

Waschechte Sachsen-Anhaltiner im Großraum Magdeburg erkennt man am Dialekt. Was in der Schriftsprache ein „G“ ist wird in der gesprochenen Sprache zu „J“. Man sagt beispielsweise „Juten morjen“ statt „Guten morgen“. Eine gewisse Ähnlichkeit zur Berliner Schnauze lässt sich da nicht von der Hand weisen, aber die ganz eigene Wortbetonung und die ausgeprägte Modulation der Tonhöhe machen Sachsen-Anhaltinisch zu einem ganz eigenen Dialekt, den – hat man ihn einmal lieben gelernt – man auch versteckt unter anderen deutschen Stämmen problemlos wiedererkennt.
In Friedensau hört man diese wunderschöne Sprache fast gar nicht. Hier ist neben Englisch Hochdeutsch sowas wie das kleinste gemeinsame Vielfache des ganzen Völkermischmaschs. Von den Deutsch-Muttersprachlern sind zudem die wenigsten hier in der Region geboren oder aufgewachsen. So hört man also in Friedensau nicht all zu viel Landestypische Mundart, und in den anderen Orten ist man als Durchschnittsstudent gar nicht so oft unterwegs. Zum einen liegt das an den nicht all zu partytauglichen Busverbindungen, zum anderen gibt es in Friedensau selbst eine Menge zu erleben.
Zugegeben, ich war anfangs skeptisch und wenn man sich den Ort als Fremder mal einen Tag lang anschaut, bekommt man nicht unbedingt mit, wo der hiesige Bär steppt. Aber hier ist Leben drin, sogar in der Vorlesungsfreien Zeit. Zum einen kann man ständig an irgendwelchen Sportangeboten teilnehmen. Wir haben da so ganz gewöhnliche Sachen wie Basketball, Volleyball und Fußball, oder – des einen Last ist des anderen Freud, die viele Natur macht manche Studenten sogar richtig glücklich – die Möglichkeit sich mit Pferden anzufreunden und reiten zu gehen. Darüberhinaus ist, nicht nur unter den osteuropäischen Studenten, sondern bei allen Ortseinwohnern, auch unsere Sauna heiß begehrt. Männer, die sich vorwiegend nur von Eiern und Quark ernähren, versammeln sich gerne in der Muckibude und als erweitertes Wohnzimmer, mit Billard, Kicker und Sofaecke, kann das „Studz“ (Studentenzentrum) genutzt werden. Jeder Student hat dort mit seinem Transponder Zugang und wenn sich in der Vorlesungszeit genügend Freiwillige zum Bedienen finden, öffnet mittwochs und samstags sogar die Bar, wo es Alkoholfreies Bier für nen Euro und Fertigpizza zum Supermarkteinkaufspreis gibt.
Man findet hier nicht die sonst üblichen Ausgehangebote. Nix Kino, Disko oder Kneipe. Statt dessen kann man sich aber in der Bibliothek einen Beamer ausleihen (für null Euro), oder Musikmachen (für Theologen gibt’s quasi gratis Musikunterricht) oder wenn man abends doch noch unbedingt mal ausgehen will, kann man ja beim Imbissautomaten im Verwaltungsgebäude vor dem Mensasaal Station machen und sowas ausgefallenes wie eine WEIßE heiße Schokolade süffeln. Spaß liegt an eigener Initiative. Zum Beispiel ne Netzwerkparty oder neulich ein ProevolutionSoccer Tournament. Wenn man mal von den Studiengebühren absieht, gibt es hier eine Menge konsumfreie Begegnungsmöglichkeiten. Die Königin aller Friedensauer Vergnügungsdisziplinen ist dabei wohl das Spazierengehen (und das nicht erst seit diesem Jahrzehnt). Hach, wie altmodisch unkompliziert und erheiternd. Man klopft ein paar Türen im Studentenwohnheim ab, quatscht ein paar Leute auf der Straße an und schon hat man einen Pulk der sich am Samstagnachmittag durch den Wald quasselt. Man sollte sich vorher nur nicht auf eine Sprache festlegen. Meistens wird es international.

Und wer doch ein Auto hat oder vor 7 km Waldwanderung nicht zurückschreckt, kann gerne auch in Theßen bei McDonnalds vorbeischauen, oder nach Magdeburg fahren oder sonst noch einiges mehr.